Demokratieformen

Demokratie ist eine wandelbare Herrschaftsform. Im Laufe der Geschichte und in der politikwissenschaftlichen Theorie hat sie sehr unterschiedliche Ausgestaltungen erfahren.

Direkte Demokratie

In der unmittelbaren bzw. direkten Demokratie nimmt das Volk unmittelbar und unvertretbar durch Abstimmungen über Sachfragen am Staatsgeschehen teil. Das ausgeprägteste direktdemokratische System besteht in der Schweiz.

In vielen Staaten wird das politische System durch einzelne Elemente direkter oder plebiszitärer Demokratie ergänzt.

In weiten Teilen der 68er- und Alternativbewegungen war statt direkter Demokratie der Begriff „Basisdemokratie“ üblich. Direkte Demokratie oder zumindest die Einführung von mehr plebiszitären Elementen auf Bundes- und Landesebene galten als erklärte Ziele.

Repräsentative Demokratie

In der Repräsentativen Demokratie sind Repräsentanten des Volkes für eine begrenzte Zeit zur Machtausübung autorisiert. Nach Ablauf dieser Periode muss über die Zusammensetzung der Volksvertretung durch Wahl neu entschieden werden. Die Periode beträgt üblicherweise mehrere Jahre. In vielen Staaten hat sich ein Zeitraum von 4 bis 8 Jahren eingebürgert. Repräsentiert wird das Volk nicht nur in den gesetzgebenden Organen (Parlament, Rat), sondern auch in den gesetzesausführenden Organen (Regierung, Verwaltung). Letztere werden gelegentlich nicht vom Volk direkt gewählt, sondern indirekt über Volksvertreter.

Bei Wahlen als politischer Beteiligungsform geht die Staatsgewalt insoweit vom Volke aus, als dieses die Repräsentanten wählt (Personen oder Parteien), die die politischen Entscheidungen für die Zeit der nächsten Wahlperiode treffen. Beim reinen Verhältniswahlrecht kann der Wähler eine Partei benennen, die seinen politischen Vorstellungen am nächsten kommt. Im Parlament sind die Parteien dann mit der Stärke vertreten, die ihrem Stimmenanteil entspricht. Beim reinen Mehrheitswahlrecht zieht aus jedem Wahlkreis derjenige Bewerber ins Parlament ein, der dort die meisten Stimmen auf sich vereint. Auch verschiedene Mischformen kommen vor.

Demarchie

In der Demarchie werden Volksvertreter und Regierung nicht vom Volk gewählt, sondern per Zufallsauswahl aus dem Volk bestimmt. Die Demarchie ist vom Charakter her zwischen direkter und repräsentativer Demokratie einzuordnen. Dies wird deutlich, wenn man einerseits Entscheidungen in der Demarchie als über eine Stichprobe ermittelte Volksmeinung ansieht, was der direkten Demokratie entspricht. Andererseits kann man die per Zufallsauswahl Ermittelten im Sinne der repräsentativen Demokratie als Repräsentanten des Volkes ansehen, die nur auf andere Weise bestimmt wurden.

Plebiszitäre Demokratie

Die meisten modernen Demokratien sind repräsentative Demokratien mit direktdemokratischen Elementen auf nationaler und/oder kommunaler Ebene. Das Volk trifft sowohl Personal- als auch Sachentscheidungen (Plebiszite). Eine solche Mischform nennt man plebiszitäre Demokratie. Die Gewichtung der repräsentativen und direktdemokratischen Elemente kann dabei von Staat zu Staat unterschiedlich ausfallen. Deshalb unterscheidet man weiter zwischen halbdirekter, gemischter und bedingt repräsentativer Demokratie.

Der Begriff plebiszitäre Demokratie wird daneben auch als Sammelbezeichnung für alle volksunmittelbaren Abstimmungen (Sachentscheidungen) verwendet. In der Schweiz ist der Begriff insofern gleichbedeutend mit Volksrechte.

Die Schweiz ist auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene eine plebiszitäre Demokratie, wobei auf nationaler und in den meisten Kantonen auch auf kantonaler Ebene und in größeren Städten auf kommunaler Ebene ein Parlament legislativ tätig ist, und das Volk bei Parlamentsentscheiden nur über Verfassungsänderungen und über Gesetzesänderungen abstimmt. Zusätzlich gibt es für das Volk noch das Recht der Verfassungsinitiative, bei dem eine Anzahl Bürger eine Änderung der Verfassung vorschlagen kann, über die abgestimmt werden muss. Zudem kann mit genügend Unterschriften eine Volksabstimmung über ein vom Parlament beschlossenes Gesetz erzwungen werden. Einige kleine Kantone weisen zusätzlich zum Parlament die Landsgemeinde auf. Auf kommunaler Ebene gibt es in kleineren Orten keine Volksvertretung, sondern Entscheide, die direkt in einer Bürgerversammlung diskutiert und abgestimmt werden.

Rätedemokratie

Das Rätesystem stellt eine weitere Mischform zwischen direkter und repräsentativer Demokratie dar.

Präsidentielle und parlamentarische Regierungssysteme

Um den Bestand einer Demokratie nicht durch Machtkonzentration zu gefährden, werden üblicherweise nach dem Prinzip der Gewaltenteilung die Gesetzgebung und die Regierung voneinander getrennt. In der Praxis sind beide nicht unabhängig voneinander zu sehen (etwa über Parteizugehörigkeiten): Die Fraktion, die in der Volksvertretung die Mehrheit hat, stellt in der Praxis meist auch die Regierung. Das Gewaltenteilungsprinzip wird dadurch teilweise durchbrochen (siehe auch Fraktionsdisziplin). Der Unterschied zwischen einem eher präsidentiell und einem eher parlamentarisch ausgerichteten Regierungssystem liegt im Ausmaß der Abhängigkeit der Regierung von der Volksvertretung.

Präsidentielle Systeme (etwa die USA) zeichnen sich durch eine starke Stellung des Regierungschefs gegenüber dem Parlament aus. Er ist gleichzeitig Staatsoberhaupt und dem Parlament gegenüber nicht verantwortlich, wiewohl es meist eine Möglichkeit für ein Amtsenthebungsverfahren gibt.

In parlamentarischen Systemen hat sich die Regierung gegenüber dem Parlament zu verantworten. Dieses regiert daher in gewisser Weise mit. Es kann beispielsweise die Regierung unter bestimmten Voraussetzungen entlassen oder eine neue einsetzen (so etwa in Deutschland).

Semipräsidentielle Systeme sind eine Mischform. Staatspräsident und Regierungschef (Ministerpräsident) sind zwei unterschiedliche Personen mit gleichmäßig verteilter Macht (so etwa in Frankreich). Während die Regierung auch hier dem Parlament gegenüber verantwortlich ist, ist der direkt gewählte Staatspräsident in seinem Aufgabenbereich weitgehend unabhängig in seiner Machtausübung.

Der Unterschied der Systeme wird beim Zustimmungserfordernis für bestimmte Entscheidungen deutlich: in den USA etwa kann der Präsident frei einen Militäreinsatz befehlen, in Deutschland benötigt der Bundeskanzler (Regierungschef) hierfür ein positives Votum des Parlamentes (→ Prinzip der Parlamentsarmee).

In präsidentiell orientierten Systemen wird der Präsident häufig direkt durch das Volk gewählt, um die starke Machtstellung durch stärkere Nähe zum Souverän besser zu legitimieren. Der Gewählte kann politische Opponenten auf seine hervorgehobene demokratische Legitimation und Machtfülle verweisen. In einer parlamentarischen Demokratie wird die Regierung meist vom Parlament gewählt und kann vom Parlament durch ein Misstrauensvotum auch wieder abgesetzt werden. Umgekehrt kann häufig auch das Parlament durch die Regierung aufgelöst werden.

Mehrheitsdemokratie, Konkordanzdemokratie und Konsensdemokratie

In Mehrheitsdemokratien wird die Regierung aus Parteien zusammengesetzt, die gemeinsam im Parlament die Mehrheit haben. Damit hat die Regierung gute Chancen, ihr politisches Programm beim Parlament durchzusetzen. Bei einem Regierungswechsel kann jedoch eine entgegengesetzte Politik eingeschlagen werden. Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika sind Beispiele für Mehrheitsdemokratien.

In einer Konkordanzdemokratie werden öffentliche Ämter nach Proporz oder Parität verteilt. Alle größeren Parteien und wichtigen Interessengruppen sind an der Entscheidungsfindung beteiligt und die Entscheidung ist praktisch immer ein Kompromiss. Der Entscheidungsprozess braucht mehr Zeit und große Veränderungen sind kaum möglich, andererseits sind die Verhältnisse auch über längere Zeit stabil und es werden keine politischen Entscheide bei einem Regierungswechsel umgestürzt. Die Schweiz ist ein Beispiel für eine Konkordanzdemokratie. Die Abgrenzung von Konkordanz- und Konsensdemokratie ist schwierig und variiert sehr stark je nach Autor.

Konsensdemokratien zeigen gemeinhin eine ausgeprägte Machtteilung in der Exekutive, ein gleichberechtigtes Zwei-Kammern-System, die Nutzung des Verhältniswahlrechts und eine starre, nur durch Zweidrittelmehrheit zu ändernde Verfassung. Deutschland wird daher als Konsensdemokratie gesehen.

Scheindemokratie und Defekte Demokratie

Gegenwärtig stellt sich kaum ein Staat der Welt nach außen nicht als demokratisch dar. Der Begriff „Demokratie“ wird oftmals bereits im Staatsnamen geführt. Dennoch weisen zahlreiche Staaten, obwohl sie sich als Demokratien darstellen und benennen, Defizite in der Verwirklichung wesentlicher demokratischer Elemente und Grundrechte (beispielsweise freie, gleiche und geheime Wahlen oder Abstimmungen, Meinungs- und Pressefreiheit) auf. Solche Staaten und politischen Systeme, die sich zwar den Anschein einer Demokratie geben, den etablierten Ansprüchen an eine Demokratie aber nicht genügen, werden als Scheindemokratie bezeichnet. Demokratiemessungen versuchen den tatsächlichen Demokratisierungsgrad eines Staates oder politischen Systems zu erfassen.

Defekte Demokratie

Als defekte Demokratie werden in der vergleichenden Politikwissenschaft politische Systeme bezeichnet, in denen zwar demokratische Wahlen stattfinden, die jedoch gemessen an den normativen Grundlagen liberaler Demokratien (Teilhaberechte, Freiheitsrechte, Gewaltenkontrolle etc.) verschiedene Defekte aufweisen. Man unterscheidet innerhalb der Defekten Demokratien: Exklusive Demokratie, Illiberale Demokratie, Delegative Demokratie und Enklavendemokratie. Das Konzept der defekten Demokratie ist in der Politikwissenschaft umstritten.

Quelle: Wikipedia